Themen und Ereignisse
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1946-1955: Musikunterricht mit Oper und Chor bei Walter Sons an der Bürgerschule Kirchditmold

BÜRGERSCHULE KIRCHDITMOLD in Kassel (1946/47)

   Nach meiner Eingabe an den Regierungspräsidenten in Kassel um Zulassung zum Volksschullehrerberuf erhielt ich im April 1946 – nach Öffnung der Schulen in Hessen durch die amerikanische Militärregierung – die Erlaubnis vom damaligen Stadtschulrat Fricke, in der Bürgerschule Kassel-Kirchditmold als Anwärter für die geplante Hochschulausbildung in Hofgeismar zu hospitieren. Damit begann meine einjährige Tätigkeit als Schulhelfer. In Ermangelung an Ausbildungsstätten sollten angehende Lehrer vor Beginn des Studiums praktische Erfahrung sammeln. Heute kann ich sagen, dass dieser ungewöhnliche Einstieg in den Lehrerberuf für mich richtig war.

   Ich selbst befand mich zu der Zeit in einem gewissen Zustand der Euphorie, der ein Jahr zuvor, am     3. Mai 1945, begonnen hatte, als ich in Mecklenburg in amerikanische Gefangenschaft geriet. Ich hatte den Krieg trotz einiger lebensbedrohlicher Situationen – zuletzt als Fähnrich zur See d. Res. und Zugführer in der 1. Marine-Infanterie-Division an der Oderfront, dem letzten Bollwerk vor dem Ansturm der Roten Armee auf Berlin – heil überstanden, war möglicher russischer Gefangenschaft in Sibirien entronnen und bereits Anfang August 1945 aus englischer Kriegsgefangenschaft in Schleswig-Holstein entlassen worden. Ich war, entgegen meiner Erwartung, davongekommen, fühlte mich befreit von den Zwängen des NS-Regimes und konnte nun die ersten Schritte in meinem angestrebten Beruf voller Zuversicht beginnen. Zwar waren die äußeren Umstände bedrückend: Ein Leben in beengten Verhältnissen, die Eltern ausgebombt, der Vater bei einem Bombenangriff im September 1944 umgekommen, die Mutter in tiefer Trauer versunken, alle Bücher vernichtet, immer Hunger, meine schwarz gefärbte Uniform als einzige Kleidung – und trotzdem hoffnungsvoll in jenen schweren, aber doch so lebendigen Jahren des Aufbruchs. Das Leben hatte einen neuen Anfang!

   Die Bürgerschule Kirchditmold war eine der wenigen Schulen, die die Bombenangriffe auf Kassel überstanden hatte. Die Kinder hatten die letzten Kriegsjahre in Landverschickungsheimen verbracht, waren von ihren Eltern, von den Müttern getrennt, die Väter waren ja als Soldaten im Krieg. Die ältesten Schülerinnen und Schüler waren bereits 16 Jahre alt, also über das normale Volksschulalter hinaus. Insgesamt konnte ich feststellen, dass die Kinder sich freuten, wieder in die Schule gehen zu können. Gleichzeitig fiel es ihnen schwer, sich an Schulordnung zu gewöhnen. Mit meiner Mentorin, Fräulein Rohrbach, – unverheiratete Lehrerinnen wurden damals noch mit „Fräulein“ angeredet – hatte ich Glück. Sie war eine kompetente Frau in mittleren Jahren, sachlich orientiert, den Kindern freundlich zugetan, keinerlei autoritäres Verhalten. Außerdem sang sie gern mit den Kindern. Die erste Zeit begleitete ich ihren Unterricht den ganzen Vormittag und beobachtete ihre methodischen Maßnahmen und das Verhalten der Kinder. Dabei hatte ich Gelegenheit, mir Gedanken über Erfolg versprechenden Unterricht zu machen. Was ich sah, war hauptsächlich Frontalunterricht mit dem dazu gehörigen Frage- und Antwortspiel. Die Kinder saßen in den üblichen Zweierbänken. Schon bald beteiligte meine Mentorin mich mit kleineren Aufgaben am Unterricht, und ich konnte feststellen, dass mir die Lehrerrolle gefiel, dass ich schnell Kontakt zu den Kindern fand, dass ich ohne Mühe Unterrichtsgespräche führen konnte, dass ich gern unterrichtete. Im Übrigen erinnere ich mich dankbar an die Quäkerspei-sung in der großen Pause, die Milchsuppe mit den Rosinenbrötchen und die Cornedbeefsuppe. Diese großzügige Speisung der amerikanischen Hilfsorganisation kam nicht nur den Kindern, sondern auch den Lehrerinnen und Lehrern zugute.

   Bald gab es ein einschneidendes Ereignis. Als ich eines Morgens in die Schule kam, erklärte mir Konrektor Heide, der, obwohl bereits im Ruhestand, vertretungsweise mit der Schulleitung beauftragt worden war, dass auf Anordnung der amerikanischen Militärregierung alle Lehrerinnen und Lehrer, die Mitglied in der NSDAP gewesen waren, ab sofort keinen Unterricht mehr erteilen durften. Zu diesen Personen gehörte auch meine Mentorin. Ihren Unterricht in der Klasse 4 müsse ich übernehmen. Ich weiß noch, dass mich diese Nachricht keineswegs beunruhigte, dass ich mich vielmehr unbekümmert und mit Freude den Schülerinnen und Schülern als ihr neuer Lehrer vorstellte. Das ging nach dem Motto: „Rein ins Wasser, schwimm oder ersauf!“ Allerdings hatte ich Pluspunkte. Ich war mit 21 Jahren der jüngste Lehrer an der Schule und kam demzufolge bei meiner „Kundschaft“ gut an. Offensichtlich habe ich wohl auch vieles intuitiv richtig gemacht.

   Meine früh erwachte Liebe zur Musik wurde gefördert von meiner Mutter, meiner Klavierlehrerin und von häufigen Konzertbesuchen. Ich sang gern, hatte als Kind eine gute Sopranstimme und habe als Jüngling nach Theateraufführungen mit Begeisterung Opernarien aus dem Gedächtnis nachgesungen. Das Singen von Volksliedern, das ich von meiner Mentorin übernahm und das den Kindern und mir Freude bereitete, brachte mich auf die Idee, einen Schulchor einzurichten. Da daran die Klassen 4 bis 8 beteiligt sein sollten, mussten die Proben außerhalb des normalen Unterrichts am Nachmittag stattfinden. Ich malte also ein Plakat und lud alle Schüler/innen der betreffenden Klassen ein, die Lust hätten, in einem Chor zu singen, sich am Montagnachmittag von 15.00 bis 17.00 Uhr zur ersten Probe im Raum 11, dem größten Raum der Schule, einzufinden. Als ich zur angegebenen Zeit den Raum betrat, war er völlig überfüllt. Sogar die Fensterbänke mussten noch als Sitzgelegenheiten herhalten. In dieser Zeit gab es kaum Freizeitangebote für Kinder, insofern füllte der Chor eine Lücke. Zwar fehlten mir für eine Chorleitertätigkeit die fachlichen Kenntnisse, ich war allerdings der Meinung, weil ich gut singen könne, würde ich auch einen Schulchor leiten können. Somit begann ich meine Musiklehrertätigkeit guten Mutes als motivierter Laie, als Autodidakt.

   Für den Anfang wollte ich mich mit zweistimmigen Liedern und Kanons begnügen. Zunächst ließ ich auf verschiedenen Silben Tonleitern singen, die ich im Verlauf immer einen Ton höher anstimmte. Danach sollten die Kinder mit den hohen Stimmen auf der rechten Seite des Raumes Platz nehmen, die mit den tieferen auf der linken Seite. Liederbücher oder entsprechende Literatur gab es nicht. Auf dem Speicher der Schule hatte ich ein paar verstaubte Exemplare eines vierstimmigen Männergesang-Chor-buchs gefunden. Daraus wählte ich das Lied mit dem Eichendorff-Text In einem kühlen Grunde, da geht ein Mühlenrad aus und bastelte mithilfe der anderen Stimmen aus dem Chorbuch eine zweite Stimme hinzu. Die Melodie und diese Stimme sang ich den Kindern vor und ließ sie nachsingen, was bald vorzüglich klappte. Mit dem Klavier unterstützte ich die zweite Stimme. Die 4. Strophe Ich möcht als Reiter fliegen wohl in die blut‘ge Schlacht, um stille Feuer liegen im Feld bei dunkler Nacht habe ich verständlicherweise ausgelassen. Am Ende der letzten Strophe … ich möcht am liebsten sterben, da wär‘s auf einmal still ließ ich nach dem Wort „sterben“ eine bedeutungsvolle Pause entstehen und dann den Schluss ganz leise singen. Das war sehr eindrucksvoll! Später fiel mir ein Wandervogel-Liederbuch in die Hände, dessen Inhalt sich als hilfreiche Quelle erwies. Kanons wie Abendstille überall, Es tönen die Lieder, Dona nobis pacem und Herr, bleibe bei uns wurden gern gesungen.

   In dieser Zeit nahm ich Gesangsunterricht bei dem ehemaligen Musiklehrer der damaligen Malwida von Meysenbug-Schule, der späteren Heinrich-Schütz-Schule, Studienrat Otto Scheuch. Er stufte mich zunächst als Tenor ein, doch bald entdeckte ich meine Stimme im Bass-Bariton-Bereich. Otto Scheuch lebte mit seiner Frau in einer unzerstörten Wohnung im Vorderen Westen, hatte ein Klavier und eine Fülle von Noten, insbesondere Klavierauszüge von Opern und Oratorien. Und er hatte die Gabe, Musik lebendig zu vermitteln. Unvergesslich das Gefühl, als ich in der Lage war, die Bass-Arie aus Haydns Schöpfung „Nun scheint in vollem Glanze der Himmel“ mit der wunderbaren Passage „Doch war noch alles nicht vollbracht. Dem Ganzen fehlte das Geschöpf, das Gottes Werke dankbar seh’n, des Herren Güte preisen soll“ zu singen. Ebenfalls voller Hingabe sang ich mit Ingetraud, meiner späteren Ehefrau, die auch bei Herrn Scheuch Gesangsstunden nahm, das Duett aus dem dritten Teil mit den aus einer anderen Zeit und offenbar auch aus einer anderen Welt stammenden Worten Von deiner Güt‘, o Herr und Gott, ist Erd‘ und Himmel voll. Die Welt so groß, so wunderbar, ist deiner Hände Werk. Diese Texte mit dieser Musik nach dem gerade erst überstandenen Grauen mit Millionen Toten und zerbombten Städten! Damals verstand ich Haydns auf der Musikästhetik des 18. Jahrhunderts beruhende kompositorische Vorstellung des Chaos zu Beginn des Oratoriums – von Scheuch am Klavier eindrucksvoll dargestellt – noch nicht. Jedenfalls erschien mir diese Vertonung zu harmlos. Ohne zum damaligen Zeitpunkt Musik außerhalb der Dur-Moll-Tonalität zu kennen, überlegte ich, wie eine musikalische Darstellung des Chaos heute klingen könnte/müsste. – Weitere beeindruckende Erlebnisse wurden mir mit Liedern aus Schuberts Winterreise zuteil.

 

STAATLICHE PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULLEHRGÄNGE IN HESSEN (1947 – 48/49)    

   Am 15. April 1947 wurde der erste Lehrgang des Pädagogischen Instituts Kassel, zu dem etwa hundert Studenten und Studentinnen zugelassen waren, mit einer akademischen Feierstunde im Vortragssaal des Landesmuseums eröffnet, umrahmt von Kammermusik von Mozart, Schubert und Brahms. Der Leiter des Instituts, Prof. Dr. Martin Rang, betonte in seiner Begrüßungsansprache, dass neben der Erweiterung des fachlichen Wissens insbesondere die Entwicklung jener geistigen und menschlichen Fähigkeiten, die untrennbar mit dem Erzieherberuf verbunden seien, nämlich Ernst und die Verantwortung vor der Wahrheit und Gott, in uns ausreifen solle, was nach NS-Zeit und Kriegserfahrung für uns alle wesentlich sei. Die Vorlesungen und Seminare fanden in  der Heinrich-Schütz-Schule, in der Bürgerschule Wilhelmshöhe und in einem Saal des Gasthauses Zum Rammelsberg statt. Als Dozenten waren neben dem Institutsleiter Prof. Dr. Martin Rang (Religionswissenschaft), Prof. Dr. Gottfried Preissler (Erziehungswissenschaft), Prof. Dr. h.c. Heinrich Grupe (Pädagogik und Naturwissenschaften), Prof. Dr. Eugen Lemberg (Kulturwissenschaften) und  Dr. Walter Kramolisch (Musik) tätig.

Musik wurde mein Wahlfach. Ich sog alles, was angeboten wurde, wie ein Schwamm auf.

  Bald mussten wir uns in Borken einer strengen schriftlichen und mündlichen Ausleseprüfung unterziehen, die für manche Bewerber das Ende der Ausbildung bedeutete, ehe sie richtig begonnen hatte. Dieses für uns unerwartete Ereignis haben wir Studenten als Schlacht von Borken registriert.  

  Unter dem Eindruck der Verhältnisse wählte ich für die obligatorische Semesterarbeit das Thema Verwahrlosung und Kriminalität Jugendlicher in der Nachkriegszeit. Dafür interviewte ich den damals in Kassel renommierten Jugendrichter Volker Borbein, besuchte Jugendgerichte und mehrmals das Erziehungsheim Karlshof in Wabern, wo damals ein strenger Erziehungsstil  herrschte.

   Zum Schluss schrieb ich: … Wo es sich aber um Fälle jugendlicher Verwahrlosung und Kriminalität handelt, würde oftmals eine starke, liebevolle Hand genügen, die sich dem Gefährdeten bietet. Wie viel jugendliche Verirrungen könnten vermieden werden, wenn immer im rechten Augenblick ein verstehender Mensch da wäre, der sagen würde: Komm, wir wollen einen Schlußstrich unter dein bisheriges Leben ziehen, das Gewesene soll vergangen sein. Ich will dir helfen, ein neues, zukunftsfrohes Leben aufzubauen. Du sollst nicht mehr heimatlos, gehetzt und gejagt, unruhevoll in der Welt umherirren. …   

  Heute, im Jahr 2017, erschreckt mich angesichts des Flüchtlingselends dieser Zeit die Aktualität der letzten Zeile. Die Arbeit wurde von Prof. Grupe mit sehr gut bewertet. Erfreut war ich über die ab- schließende Bemerkung:… so daß die Arbeit für eine Veröffentlichung in einer Zeitschrift, die sich mit Jugendproblemen befaßt, als reif erklärt werden kann. Sie wurde später in die Bibliothek des Hessischen Lehrerfortbildungswerks Reinhardswaldschule aufgenommen. – Das Thema der Abschlussarbeit, wiederum betreut von Prof. Grupe, lautete Jugendamt und Schule.

   Im Wahlfach Musik, geleitet von Dr. Kramolisch, wurde neben der Vermittlung von musikalischem Fachwissen insbesondere das Chorsingen gepflegt. Hier erhielt ich wichtige Grundlagen für meine spätere Tätigkeit.

   Die Erste Prüfung für das Lehramt an Volksschulen schloss ich mit dem Ergebnis gut bestanden ab, was damals Bedingung für die Anstellung in einer Stadt war.  

   Im Frühjahr 1949 nahm ich an einem obligatorischen Nachbildungslehrgang des Pädagogischen Instituts Kassel teil.

                                                  

                              Erneut BÜRGERSCHULE KIRCHDITMOLD (1948 – 55)

  Nach der ersten Lehramtsprüfung kehrte ich an die Bürgerschule Kirchditmold zurück (Ernennung zum außerplanmäßigen Lehrer am 1.6.1948), wo ich insbesondere den Musikunterricht in verschiede- nen Klassen übernahm. Ich richtete wieder einen Schulchor ein und gründete eine Instrumentalgruppe, bestehend aus Blockflöten, Gitarren und Instrumenten des Orff-Schulwerks.

   Ein besonderes Ereignis war die Mitwirkung des Schulchores bei der Aufführung der  Johannes-Passion von J.S. Bach im April 1948 in der Christuskirche durch den von Studienrat Fritz Kleist geleiteten Kasseler Kantatenchor, dem ich als Sänger und später als Chorvorstand angehörte. Ich hatte die Choralmelodien einstudiert, die die Kinder von der Orgelempore aus mitsangen, während Hauptchor, Solisten und Orchester vorn am Altar postiert waren. Das war die erste Aufführung eines Bach-Orato-riums nach dem Krieg in Kassel. Die Kirche konnte die hohe Zahl der Zuhörer nicht fassen, bei geöffneten Türen standen viele Menschen draußen. Die Kinder kamen hier erstmals mit bedeutender Musik in Berührung. Sie waren begeistert von den dramatischen Chorszenen, von den Solisten und dem Orchester.

   Mit dem Schulchor setzte ich auch den Brauch des Weihnachtssingens im damaligen Stadtkrankenhaus Wilhelmshöhe (im Gebäude des heutigen Bundessozialgerichts) und im Rotes Kreuz Krankenhaus fort, den zuvor der Chor des Pädagogischen Instituts unter Dr. Kramolisch begonnen hatte. Für die Kinder war es eine wichtige Erfahrung, auf diese Weise kranken Menschen Weihnachtsfreude zu bringen.

  Um die Beziehung zwischen Schule und Elternschaft zu stärken, gründete ich einen gemischten Chor, in dem Eltern, aber auch Kolleginnen und Kollegen mitsangen. Am Ende des Nachbildungslehrgangs fertigte ich eine Hausarbeit mit dem Thema Begegnungsformen zwischen Elternhaus und Schule an. Die hier geäußerten Vorstellungen konnte ich 1950 in einem Konzert der Kirchditmolder Schulgemeinde verwirklichen. Beteiligt waren dabei der Schulchor, der Singkreis der schulentlassenen Mädchen, der Eltern- und Lehrerchor, eine Blockflötengruppe, bestehend aus Eltern und Lehrern, und ebenso ein Streichorchester, mit dessen Hilfe die Kantate für zwei Chöre und Streicher Zum Lob der Musik von Joseph Haas (1879-1960) aufgeführt wurde. In seiner Begrüßung sprach der Schulleiter vom Band der Musik, das Eltern und Schule zum Wohle der Kinder enger zusammenschließt. Während des Konzerts wurden Tonaufnahmen gemacht, aus denen eine 78er-Schallplatte hergestellt wurde.

 Aus meinem Brief an die Eltern vom 21.6.1950: Unsere Schule hat in letzter Zeit oft zu Veranstaltungen verschiedenster Art eingeladen. Einmal wollten wir, die Lehrer, mit Ihnen, den Eltern unserer Schulkinder, über wichtige, gemeinsame pädagogische Fragen ins Gespräch kommen, wollten Ihnen einen Einblick in die Schule von heute vermitteln, ein anderes Mal verlebten Sie mit uns frohe, gesellige Stunden, in denen Ihre Kinder Freude schenkten durch Spiel, Sport, Tanz und Gesang. Alle diese Veranstaltungen der Schule erstrebten in erster Linie das eine Ziel, nämlich lebendiges Interesse seitens der Elternschaft für die Belange der Schule zu wecken, um dadurch einem fruchtbaren Zusammenwirken von Schule und Elternschaft zum Wohle unserer Kinder den Weg zu bereiten. …

Anschließend bat ich um Mitwirkung im Chor und Orchester.

   An Chorliteratur standen mir die Bärenreiter-Veröffentlichungen Neues Chorbuch (für drei gleiche Stimmen), Geselliges Chorbuch und Gesellige Zeit (für gemischten Chor) zur Verfügung.     

  1952 nahmen wir als einziger Volksschulchor mit der Aufführung der Matthäus-Passion für Soli, Chor und Orchester von Johann Theodor Roemhildt (1684-1756) unter Leitung von Adolf Maser, Kapellmeister und Musiklehrer am Wilhelmsgymnasium, am ersten städtischen Gemeinschaftskonzert Kasseler Schulen im Festsaal der Stadthalle teil.

   In diesem Jahr war ich auch Mitglied der Kommission zur Einrichtung einer Jugendmusikschule in Kassel.

  Ab 1948 nahm ich Privatunterricht in Gesang, Blockflöte, Klavier (Georg Rothlauf, Oskar Schweins-berg),  Gambe (Ursula Blume), Geige (Kurt Steinmetz) und Harmonielehre (Fritz Kleist, Hermann Spratte), später auch Trompete. Außerdem besuchte ich musiktheoretische Veranstaltungen des Kasseler Konservatoriums und musikpädagogische Fachlehrgänge und Kurse.

 Als Klassenlehrer begann ich mit einem 1. Schuljahr und wählte für das Lesenlernen eine damals neue Fibel, die auf der sogenannten Ganzwortmethode fußte. Das erforderte entsprechende Informationen für die Eltern, die ich in regelmäßigen Elternabenden gab. Die Arbeit in dieser Klasse hat mir viel Freude bereitet. Sie gipfelte am Ende des 4. Schuljahres (1952) in der mehrfachen Aufführung – u.a. beim 5. Kasseler Elterntag – der Kinderoper Wir bauen eine Stadt von Paul Hindemith (1895-1963) aus dem Jahr 1930. In den allgemeinen Bemerkungen des Verlages heißt es u.a.: Hindemith wollte mit diesem Spiel ein Stück für Kinder schreiben, wie es Kindern selbst wirklich gefällt und nicht, wie Erwachsene glauben, daß es Kindern gefallen müsse. Davon ausgehend haben die Kinder – die Klasse bestand aus ca. 40 Mädchen und Jungen – die szenische Gestaltung der zehn Nummern in größeren und kleineren Gruppen weitgehend selbstständig geplant, auch einige Textänderungen vorgenommen, die lokale Gegebenheiten betrafen. Der Gesangsteil wurde chorisch, z.T. solistisch, der Instrumentalteil von Bläsern und Streichern aus der Eltern- und Lehrerschaft erarbeitet. Einige Eltern beteiligten sich auch an der Bühnenausgestaltung („Baustelle“). Eine Schülerabordnung zog im Rathaus Erkundigungen zu Baumaßnahmen und zur Verkehrsgestaltung im Stadtteil ein. Finanzierungsprobleme bestimmten den Rechenunterricht und Kulissenentwürfe den Kunstunterricht, auch Fragen zu Freizeitangeboten wurden behandelt. Das Thema „Stadt“ bestimmte eine lange Zeit den Unterricht. Durch die Vielfalt der Aspekte, die mit diesem Thema verbunden sind, ergab sich eine Art von Gesamtunterricht, der bereits Merkmale heutigen Projektunterrichts aufwies.

 Neben Hindemiths Spiel für Kinder wählte ich als zweiten Programmpunkt für das Konzert im März 1952 die Kindersymphonie von Joseph Haydn oder Leopold Mozart. Für das Eltern-Lehrerorchester war das Stück eine willkommene Programmbereicherung, für die Schüler/innen der Klasse 8 erwies sich neben dem Spaß am Spielen der hier verwendeten Kinderinstrumente die Notwendigkeit des Notenlernens. Immerhin sollten sie in einem Orchester mit Erwachsenen spielen, mussten also ihren Part fehlerfrei beherrschen, und dazu war Notenkenntnis unerlässlich. Für das Menuett konnte ich eine Balletttänzerin vom Kasseler Staatstheater gewinnen, die Freude daran hatte, mit den Schülerinnen ein Menuett einzustudieren. Aus dem Theaterfundus wurden uns Rokoko-Kostüme und Perücken zur Verfügung gestellt, wodurch eine stilvolle Darbietung gewährleistet war. Mit großer Begeisterung und entsprechendem Einfühlungsvermögen haben sich die Mädchen in Damen dieser Zeit verwandelt und mit viel Grazie das Menuett getanzt. Den letzten Satz mit seinem rasanten Accelerando haben die Spieler der Kinderinstrumente mit Bravour gemeistert.   

 In einer Musik-AG, die sich aus interessierten Schülerinnen und Schülern der Klassen 5 bis 8 zusammensetzte, wurden Konzert- und Opernbesuche vorbereitet, Schallplatten gehört und die Fragen erörtert, die sich aus dem Besuch musikalischer Veranstaltungen ergaben. Operneinführungen konnte ich problemlos mit Hilfe meiner damaligen Ehefrau, Sängerin im Opernchor des Kasseler Staatstheaters, arrangieren. Sie und andere Gesangssolisten waren gern bereit, bei solchen Veranstaltungen in der Schule aufzutreten. Ich beteiligte mich mit Bass-Arien aus den Mozart-Opern Die Zauberflöte, Die Hochzeit des Figaro und Die Entführung aus dem Serail. Als Pianistin wirkte die Ehefrau eines befreundeten Kollegen, Ilse Opper-Bachmann, mit. Die Informationen zu Komposition und Musikgeschichte übernahm ich im Zusammenspiel mit den anderen Mitwirkenden. Diese Einführungen waren damals beliebte Veranstaltungen im Stadtteil Kirchditmold. Meine kurze „Sologesangskarriere“ beendete ich Mitte der fünfziger Jahre im Rahmen von Konzerten in der Rothenditmolder Zionskirche, die der Lehrer und Kantor Heinrich Fülling veranstaltete. Immerhin stand in der HNA vom 28.12.1955   … Hier ist der sehr weiche Baß Walter Sons‘ hervorzuheben ….

  Gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, den Kindern meiner Klasse von Zeit zu Zeit Einblick in mein Unterrichtsvorhaben zu geben. Sie gewannen auf diese Weise Verständnis für manche Maßnahme, erkannten bestimmte Zwecke und fühlten sich mitverantwortlich für das Erreichen gesteckter Ziele. Auch die Zusammenarbeit mit den Eltern war mir sehr wichtig. Auf deren Anregung fanden die Elternabende im letzten Schuljahr vor dem Übergang auf weiterführende Schulen, den übrigens 70% der Kinder schafften, vierteljährlich statt. Ich habe die Eltern immer aufgefordert, auch unangemeldet dem Unterricht beizuwohnen.

   Ein Vater schreibt: … Ich darf Ihnen noch herzlichen Dank sagen für den Elternabend vor einer Woche. Es ist für die Eltern ein schönes Gefühl, ihr Kind in dem so wichtigen ersten Schuljahr von einem so verständnisvollen und für seine Arbeit begeisterten Lehrer geleitet zu wissen. Wir freuen uns immer mit, mit wie viel Freude Ula in die Schule geht und, im echten Sinn des Wortes, „spielend“ lernt. …

 Beim Stöbern in alten Unterlagen fällt mir der Tätigkeitsbericht in die Hände, der für die zweite Lehramtsprüfung angefertigt werden musste. Dabei stoße ich auf eine Begebenheit, die sich in meinem Deutschunterricht im 3. Schuljahr zugetragen hat. Die Geschichte „Seltsamer Spazierritt“ von Johann Peter Hebel (… Das ist nicht recht, Bursche, dass du reitest und lässest deinen Vater zu Fuß gehen …) löste ein äußerst lebhaftes Unterrichtsgespräch aus. Wie hättet ihr euch verhalten? Anschließend wollten die Kinder eine ähnliche Situation konstruieren und wählten das Thema Ich will es allen recht machen. Dazu schreibt Klaus-Walter H.: Eines Tages regnete es. Nachdem es aufgehört hatte, fragte ich meine Mutter, ob ich Rollschuh fahren dürfte. „Ja“, sagte sie, „wenn du vorsichtig bist.“ Ich schnallte meine Rollschuhe an. Da kam mein Vater: „Es ist doch viel zu nass und glatt“, also schnallte ich sie wieder ab. Meine Oma meinte: „Du musst nicht so ängstlich sein.“ Da schnallte ich sie wieder an. Als ich aus der Tür rollen wollte, kam Gerd und sagte: „Antje ist eben hingefallen, ich würde nicht fahren.“ Da schnallte ich sie wieder ab und brachte sie in den Keller. –  Hat Klaus-Walter es allen recht gemacht? Die Kinder meinten, er hätte dem Rat der Oma folgen sollen.  

  Erziehung zum selbständigen, selbstverantwortlichen Denken und Handeln, fest begründet auf einem von Liebe und Ehrfurcht getragenen Verhältnis zu den Mitmenschen, so formulierte ich emphatisch mein Erziehungsziel in diesem Tätigkeitsbericht.

   An Fachliteratur war damals für mich wichtig: Georg Kerschensteiner: Begriff der Arbeitsschule, Hugo Gaudig: Freie geistige Schularbeit in Theorie und Praxis und Die Schule im Dienste der werdenden Persönlichkeit, Eduard Spranger: Psychologie des Jugendalters, Heinz Remplein: Die seelische Entwicklung in der Kindheit und Reifezeit, Oswald Kroh: Psychologie des Grundschulkindes und natürlich Schriften von Johann Heinrich Pestalozzi.

   Für die schriftliche Hausarbeit zur Zweiten Prüfung für das Lehramt an Volksschulen, die ich 1951 abgelegt habe, wählte ich das Thema Musikerziehung in der Volksschulgemeinde.

   Ernennung zum Lehrer am 23.1.1952

  

   1954 nahm ich mit dem Kirchditmolder Schulchor – wiederum als einzige Volksschule – am zweiten städtischen Gemeinschaftskonzert Kasseler Schulen unter Leitung von Adolf Maser teil. Zur Aufführung gelangte O Mensch, gib acht – Ein erbauliches Kalenderspiel in Liedern, Tänzen und Umzügen des damaligen Leiters des Studios für Neue Musik in München, Fritz Büchtger (1903-1978), nach Texten von Josef Weinheber. Für die Tanzerfindung im Stil der Kontratänze, Regie und Einstudierung waren Helga Fischer (Gymnastiklehrerin aus der Schule Schwarzerden/Rhön), Tilde Jung (Gymnastiklehrerin am Ev. Fröbelseminar in Kassel) und ich verantwortlich. Die Tanzgruppe, bestehend aus 32 Schüler/innen von fünf Kasseler Gymnasien, hat ihre ungewohnte Aufgabe, die viele intensive Proben erforderte, großartig bewältigt. Für die Aufführung gab es eine völlig neue Platzordnung im Festsaal der Stadthalle, weil in der Saalmitte eine große Fläche für die Tänze geschaffen werden musste. Die Besucher saßen im Rechteck um diese Tanzfläche. Insbesondere boten die Saalemporen eine gute Sicht auf die Raumfiguren der Tänze.

   1955 Teilnahme mit dem Chor der Volksschule Kirchditmold an einer erneuten Gemeinschaftsveranstaltung Kasseler Schulen, der Uraufführung der Choroper Der Spielhansl, ebenfalls von Fritz Büchtger, mit Solisten des Staatstheaters und dem Staatsorchester unter Leitung von Adolf Maser, der am 13.11.55 schrieb: … Ich aber bin dankbar, daß Sie entscheidend geholfen haben, Kassel mit in die erste Reihe dieser Versuche (Gemeinschaftsaufführungen mehrerer Schulen) gestellt zu haben. …                                                                       

  

   Gern erinnere ich mich an die Schulleiter Walter Horney, den Mitherausgeber eines zweibändigen Pädagogischen Lexikons, und Dr. Waltraud Küppers, der späteren Psychologie-Professorin an der Goethe-Universität in Frankfurt/M., die mich immer wohlwollend unterstützt haben. Mit den Kollegen Fritz Bachmann, Rolf Heerdt und Heinrich Wiedemann, alle älter als ich, verband mich bis zu ihrem Tod ein freundschaftliches Verhältnis.

 

Pressestimmen

 Mit großer Freude hörten die Kranken fast aller Stationen des Stadtkrankenhauses Wilhelmshöhe gestern nachmittag die strahlenden Kinderstimmen des Chores der Bürgerschule Kirchditmold, der Weihnachtslieder in mehrstimmigen Sätzen sang. Manchen Männern, Frauen und Kindern, von denen eine große Zahl auch Weihnachten ans Bett gefesselt im Krankenhaus verbringen muß, standen Tränen in den Augen. Die Jungen und Mädel des Chores im Alter von 10 bis 14 Jahren sangen mit einer bei Schulchören nur selten festzustellenden Begeisterung. Ihr Chorleiter, Lehrer Walter Sons, hat es verstanden, einen weit über dem Durchschnitt stehenden Kinderchor zu schaffen.

                                                                                                    Hessische Nachrichten, 21.12.49

 

   Walter Sons hat mit Kindern vom 4. bis 7. Schuljahr einen schönen Klangkörper geschaffen, in dem sich besonders die hellen Stimmen durch schöne Reinheit auszeichnen. Es wäre schön, wenn das Kirchditmolder Beispiel des Chorsingens in anderen Volksschulen Nacheiferung finden würde.                                                                   Kasseler Zeitung, 21.12.49

  

 Und schon setzten ihre sauberen, rührenden Stimmen in zartem Pianissimo zu einem Weihnachtsliedersingen ein. Lehrer Walter Sons führte seine Kinder vom Schulchor der Bürgerschule Kirchditmold mit viel musikalischem Gefühl und unterlegte ihrer hellen Melodieführung zurückhaltend seine klare Männerstimme. Da standen sie lauschend im Treppenhaus: Ärzte, Schwestern, Pfleger und gehfähige Kranke. In den Gängen der angrenzenden Stationen hatten sich die Zimmertüren weit geöffnet, und die bettlägerigen, schwerkranken Patienten hielten wohl für eine Weile die Augen geschlossen, um dies in sich aufzunehmen, was über Gänge und Treppen zu ihnen kam, unwirklich wie aus einer anderen Welt.

Aus altem christlichen Brauchgut in unsere Zeit herübergetragene Melodien. Sorgsam waren die Fein- heiten der Stimmung dieser Lieder ohne Sentiment herausgearbeitet. Die Kinder hingen an Augen und Händen ihres Lehrers. Daß sie sich unter ihm freiwillig zu einem für eine Bürgerschule erstaunlich hochstehenden, gepflegten Chorsingen zusammengefunden haben, glaubte man angesichts dieses erfreulichen jungen, musikbegeisterten Mannes gern. … „Die Kinder von der Scharlachstation haben mir’s extra nochmal auf die Seele gebunden, daß ihr ja auch zu ihnen kommen sollt“, mahnte eine der Schwestern. Auch sie wurden nicht vergessen.                                                                                                                Kasseler Post, 21.12.49

 

   Es sollte darüber hinaus gezeigt werden, wie aus dem Zusammenwirken von Schülern, Schulentlassenen, Lehrern und Eltern ein Gemeinschaftsmusizieren entsteht, das in seiner Grundidee nicht neu, in dieser Art und Form aber beispielhaft wird. Neben dem Schulchor musizierte ein Singkreis schulentlassener Mädchen, ein Gemischter Chor aus Eltern und Lehrern, eine Blockflötengruppe des Lehrerkollegiums und ein kleines Streichorchester aus der Elternschaft, in dem Mitglieder der Staatskapelle zu finden waren. Das Besondere lag neben diesem geschickten Zusammenfassen aller willigen Kräfte der Schulgemeinde in dem erfreulicherweise  ganz unkonzertmäßigen Musizieren. Hier wurde nichts geboten, was über die Kräfte der Veranstalter ging. Wohl aber war ein frisches musikantisches Leben in allen Darbietungen zu spüren, die in geschmackvoller, durchdachter Form die vielfältigen Möglich-keiten  solcher Kräftezusammenfassung nutzten, die sogar die zahlreiche Hörerschaft im Kanonsingen miteinbezog.          Georg Rassner „Eine Schulgemeinde musiziert“, KP, 28.9.50

 

   Zum Lob der Musik sangen und spielten Schüler, Lehrer und Eltern der Bürgerschule Kirchditmold am Dienstag- und Mittwochabend in der bis auf den letzten Platz gefüllten Turnhalle der Schule. Nichts Provinzielles, Kleinbürgerliches, das Schulkonzerten oft anhaftet, war an diesen beiden Abenden zu finden. Walter Sons hatte die Gesamtleitung der Abende. Mitreißende Freude am Musizieren und liebenswürdige beschwingte Chorleitung zeichneten ihn aus. Nur dadurch ist es wahrscheinlich zu erklären, daß ein Schulchor, ein Gemischter Chor der Eltern und Lehrer und der Singkreis der schulentlassenen Mädchen wirklich zu einem Ganzen verschmolzen.                                                                                       HN, 28.9.50

 

   „Nicht die Schule, sondern die Schulgemeinde musiziert zum ersten Male in der Geschichte dieser Schule“, durfte Rektor Horney mit Stolz sagen. Das Band zwischen Elternhaus und Schule sei kein Schlagwort. Walter Sons, der musikalische Leiter, will das gesellige Singen innerhalb der Schulgemeinde jetzt zweimal monatlich veranstalten. Man darf an ein Gelingen glauben, denn der junge Chor-leiter zeigte an diesem Abend, daß er nicht nur schwungvoll zu dirigieren versteht, sondern auch schnell Kontakt findet, wie sich beim gemeinsamen Kanon-Singen der Konzertbesucher zeigte.

                                                                                                            Kasseler Zeitung, 28.9.50

 

   Auch in diesem Jahr erfreute der Schulchor und die Flötengruppe der Bürgerschule Kirchditmold unter Leitung von Herrn Sons wieder die Kranken zu Weihnachten durch Gesang und Spiel. Dieses weihnachtliche Singen in Krankenhäusern wird nun schon zum dritten Male durchgeführt. Die Freude, die bei den Kranken geweckt wurde, machte den Schülern das Musizieren zu einem liebgewordenen Brauch. Es zeigt sich, daß unsere Jugend bereit ist, Besinnung und Liebe zu geben.

                                                                                   Kasseler Sonntagsblatt, 22./23.12.51

 

   Der Höhepunkt des Abends war die Kinderoper von Hindemith „Wir bauen eine Stadt“. Von Walter Sons sehr sorgfältig einstudiert, konnten die kleinen Sänger und das Lehrer-/Elternorchester begeisterten Beifall ernten für dieses gewiß nicht einfache, aber durchaus gelungene Experiment. Auch die Kindersymphonie von Haydn (oder Leopold Mozart?) bereitete Ausführenden und Zuhörern viel Freude                              KP, 29./30.3.52.                                                                                                                                 

 

   „Frühling überm Land“ war der sinnvolle Leitgedanke eines stark beachteten Konzertes der Bürgerschule Kirchditmold, in dem unter der Leitung von Walter Sons neue Sing- und Spielmusik zum Frühlingsanfang dargeboten wurde. Diese Veranstaltung zeugte von echter und – man möchte fast sagen – beneidenswerter Gemeinschaft, denn es wurde hier deutlich, daß die Verbindung der Schüler zu ihrer Schule mit der Entlassung durchaus nicht abgebrochen zu werden braucht. Zwischen den Schülern saßen Lehrer, Schulentlassene und Eltern, und sie alle – ob groß oder klein – sangen und musizierten mit gleichem Eifer, gleicher Hingabe und sichtbarer Freude – zur Freude der Zuhörer, die zwischendurch auch mal mitsingen durften.

   Mit Ausnahme der Kanons wurden die vom Schulchor gesungenen Sätze durchweg von einem Instrumentalkreis begleitet, der von Schülern des Staatlichen Wilhelmsgymnasiums verstärkt worden war. …

Die jungen, unverbrauchten Kinderstimmen waren für die zeitgenössischen, aber meist volksliedhaften Sätze besonders geeignet, deren Komponisten u.a. Cesar Bresgen, Helmut Bräutigam und Gottfried Wolters waren. Der Singkreis der Schulentlassenen und Eltern erntete Sonderbeifall für schön gesungene Sätze von Gerhard Schwarz (aus dem kleinen Kalender), Felicitas Kukuck, Hugo Distler und Georg Götsch. Walter Sons selbst hatte als reizvolles instrumentales Zwischenspiel ein Stück für Flöten und Schlagwerk beigesteuert, das die Vertrautheit der Kleinen mit dem Instrumentarium des Orff-Schulwerks aufzeigte. Ein Abend, vorbildlich in Programmauswahl, Gestaltung und Wiedergabe.                                    HN, 25.3.54

                                                                                                                                

Nicht weniger interessant war ein Besuch in der Volksschule Kirchditmold. Walter Sons musizierte und sang mit den Kleinen und gab einen Querschnitt durch die umfassende musikalische Erziehungs-arbeit seiner Schule; die Verwendung des umfangreichen Orffschen Instrumentariums wurde mit ver-ständlichem Neid bewundert.            Dr. Bernd Müllmann  „Kasseler Schulen als Beispiel“, HN, 4.5.54

                        

 

 


Der „Original Rührfix“ - von Kirchditmold in die weite Welt

Es ist der Sommer 1937, in Kassel findet gerade der Reichskriegertag statt, als der Ingenieur August Heinzerling für seine Erfindung, eine „Rühr- und Schlagvorrichtung“, die Urkunde vom Reichspatentamt bekommt. Damals ahnt er noch nicht, dass sein „Rührfix“, ein handbetriebenes Küchengerät, einmal weltweit Furore machen wird und fast 90 Jahre später im Internet „in gutem gebrauchten Zustand“  für bis zu 245 US Dollar angeboten wird. Zumal er in den nächsten Jahrzehnten noch ein knappes Dutzend weitere Erfindungen patentieren lässt.

Der 1899 in Kassel geborene Schlossermeister ist 1923 in die USA gegangen, um dort zu studieren.  Später arbeitet er als Konstrukteur beim Ford-Konzern und macht in seiner Freizeit einige Entwürfe. Als er 1934 nach Kassel-Kirchditmold zurückkehrt, wo er zusammen mit seinem Vater das Haus am Hange 41 selbst baut, gründet er eine Firma, um die von ihm entwickelten Produkte herzustellen und zu vermarkten. Der Glasbehälter mit den zwei Quirlen, die mit einer Kurbel gedreht werden, verkauft sich am besten. Schon bald wird die Produktionsstätte im Wohnhaus zu klein und so mietet er Räume am Berliner Platz an, genau da wo sich heute das Lokal „Berliner Keller“ befindet. 1937 sollen dort bereits täglich rund 100 Stück „Original Rührfix“ hergestellt worden sein.

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Überblick

Kirchditmold entwickelte sich seit dem frühen 8. Jahrhundert, einerseits um eine starke Quelle, den Lindenborn, herum, andererseits rund um  die erste Kirche im Kasseler Becken. Sie war bis ins 13. Jahrhundert die Mutterkirche aller Kirchen in diesem Raum. Die erste schriftliche Erwähnung Kirchditmolds liegt für das Jahr 1015 vor, damals Dietmelle genannt.

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Quellen und Wasserläufe der Gemarkung Kirchditmolds

Die Quellen und Wasserläufe, die sich in der Gemarkung Kirchditmold befinden, hat (Stadtteil)-Historiker Walter Klonk im Folgenden beschrieben:

 

Die Kirchditmolder Gemarkung ist ein wasserreiches Gebiet, weil sie vom langen Bergsporn des Habichtswaldes, dem Lindenberg, geprägt ist. Dessen geologischer Aufbau zeigt eine Kalk bzw. Kalkmergelschicht zu oberst, die

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Ersterwähnung Kirchditmolds, Grund zur „Tausendjahrfeier“ 2015

 

Die schriftliche Ersterwähnung Kirchditmolds findet sich in der Vita des heiligen Heimerad, wie Stadtteilhistoriker Walter Klonk recherchiert hat. Sein Beitrag zur Ersterwähnung Kirchditmolds und dem damit gegebenen Grund zur „Tausendjahrfeier“ im Jahr 2015 folgt unter

 

 

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Band ,Kirchditmolds Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart' erschienen

Kirchditmolds Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart hat Walter Klonk in einem jetzt erschienen Band zusammengetragen: eine unerlässliche Lektüre für alle interessierten Kirchditmolderinnen und Kirchditmolder und Freunde Kirchditmolds. Der Band ist im Eigenverlag von Walter Klonk erschienen und dort (Tel. 0561 67623) und beim Bürger- und Heimatverein Kassel-Kirchditmold e.V. (Tel. 0561 62125)  erhältlich. Preis 6€
 


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Zur Geschichte des Brunnenplatzes und seiner historischen Quelle

 Zur Geschichte des Brunnenplatzes und seiner historischen Quelle hat der Stadtteilhistoriker Walter Klonk den folgenden Beitrag verfasst.

 

 

 

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